Ein Aufzug in den Kornspeicher

Als Erfurter Traditionsunternehmen sind uns geschichtsträchtige Schauplätzen durchaus nicht fremd. Die Gebäude Erfurts sind selbst in Kriegszeiten überwiegend verschont geblieben und so bietet die Stadt Touristen aus aller Welt eine gut erhaltene Altstadt mit Bausubstanzen, die bis ins Mittelalter zurückreichen.

Als dauerhafter Bewohner der Stadt gewöhnt man sich irgendwann an den Anblick von Fachwerkhäusern und Kopfsteinpflasterstraßen. Aber gewöhnen heißt nicht, dass es einen nicht mehr erfreut. Die impulsive Begeisterung ebbt lediglich etwas ab. Zwei Dinge kann man mit der Zeit beim Schlendern durch die Stadt vergessen. Erstens, die Gebäude sind nicht einfach so auf magische Weise erhalten geblieben. Der Zahn der Zeit macht auch vor Stein keinen Halt. Viel Ansehnliches ist das Ergebnis nie endender Restaurierungsmaßnahmen. Zweitens, zu Hause ist es schön, aber wo anders eben auch.

Wer in Erfurt lebt und in Thüringen unterwegs ist, der wird mit einer „Luther war hier“ Euphorie umgarnt, dass man irgendwann anfängt zu glauben, Luther wäre nie woanders gewesen. Dass Goethe Erfurt das Rom Thüringens nannte und Wilhelm von Humbold hier seine Ehe schloss, macht Erfurt und Weimar für Thüringer zum Nabel der Welt. Viel Geschichtsträchtiges ist hier passiert, dessen Bedeutung für die (Welt) Geschichte keinesfalls geschmälert werden sollte.

Aber fragt man in eben diesen Städten nach August Hermann Francke oder nach Canstein wird man, abgesehen von einigen Theologie Student*innen, wohl eher ein Achselzucken als Antwort bekommen. Und das, obwohl auch Francke eine Zeit lang in Erfurt „ein und aus ging“.  In Halle (an der Saale) mag das anderes sein. Denn dort ist sein Vermächtnis durch unzählige Gebäude der Franckeschen Stiftungen deutlich sichtbar.

Älteste Bibelanstalt der Welt

Der Einfluss Luthers auf die Verbreitung der Bibel dürfte, obwohl schwer zu ermessen, unbestritten sein. Aber der Einfluss Franckes und seines Kollegen (Carl Hildebrand Freiherr von Canstein) ist ebenfalls durchaus historisch prägend gewesen, jedoch eben nicht ganz so bekannt. So entstand in Halle (Saale) dank der beiden genannten Herren die älteste Bibelanstalt der Welt. Mehrere Dutzend Gebäude bildeten zum Ende der Barockzeit (vor knapp 300 Jahren) in Halle die Schulstadt der Frackeschen Stiftungen. Schulen, Krankenhäuser, Verwaltungs- und Wohngebäude. Wissenschaftliche, pädagogische Einrichtungen gehörten genauso zu dem Gebäudeensemble wie ein Brauhaus. Und eben auch eine Druckerei (verteilt auf mehrere Gebäude).

Was hier vor 300 Jahren entstand, hatte zweifellos großen Einfluss auf die Geschichte der Theologie, Pädagogik und Medizin (Erstes Kinderkrankenhaus Deutschlands und die Einführung der systematischen Medizinausbildung am Krankenbett). Von diesem Wirken und dem typischen Glanz der Barockzeit war noch bis vor 30 Jahren wenig übrig. Wie die Stiftung selbst schreibt: „Die historische Bausubstanz war erhalten, allerdings in einem bedauernswerten Zustand.“

Gebäude bleiben eben nicht wie auf magische Weise konserviert, auch wenn man den Alterungsprozess kaum wahrnehmen kann. Es ist, wie die langsame Gewichtszunahme während der Homeofficephase, plötzlich erschreckend. Mittlerweile sind die meisten Gebäude der Schulstadt restauriert bzw. saniert worden und bieten über den Zweck der zeitlichen Dokumentation auch einen funktionalen Nutzen, der mit den soziokulturellen Werten der Stiftung einhergeht.

Bei zwei Gebäuden der historischen Schulstadt durften Hollmann Aufzüge einen entscheidenden Part zur Gebäudesanierung beitragen: An Druckereigebäude und der Großen Scheune. Beides sind Gebäude aus dem frühen 18. Jahrhundert und beide Gebäude überliefern die Geschehnisse ihrer Zeit. Beide der steinerne, lehmigen Zeitzeugen und weisen denkmalgeschützte Bereiche auf, die es unbedingt zu erhalten galt. Zum Glück konnten wir schon in früheren Projekten unser handwerkliches Geschick und unser Verantwortungsbewusstsein bei den Franckeschen Stiftungen unter Beweis stellen.

Haus 52, Historisches Druckereigebäude

Haus 52, das Historisches Druckereigebäude von 1744 (heute Archiv / Bibliothek), pendelte stets zwischen seiner Funktion als Druckerei und Magazin. Bis 2010 aktiv als Druckerei genutzt, bietet das Gebäude jetzt jede Menge Fläche zur Dokumentation von Schrift und Kunstwerken (Kustodie) sowie Raum zum Studieren (z. B. genau dieser Werke). 300 Jahre später erfüllt es wieder / immer noch seine Funktion und das in seinem ursprünglichen Gewand. Im Unterschied zum Restaurieren geht es beim Sanieren auch darum, die Architektur nicht nur in seiner ursprünglichen Form zu erhalten, sondern mit Modernisierungsmaßnahmen auch bewohn- und / oder nutzbar zu machen. Bei denkmalgeschützten Gebäuden ist dieses Vorhaben eine große Herausforderung, aber wenn es gelingt, „erhält“ man ein Gebäude, was von seiner Zeit erzählt und mehr ist als ein reines Museum. 

„Das Treppenhaus in der Ostseite des Gebäudes von 1743 konnte Dank der sorgsamen Sanierung erhalten werden. Die ausgetretenen Treppenstufen spiegeln den Alltag der vielen Menschen in dem Gebäude. Treppauf, treppab wurden das Material des Druckerhandwerks mit Unmengen Papier und fertigen, aufwändig produzierten Drucksachen getragen. Später nutzten die BewohnerInnen des Hauses und zuletzt MusikschülerInnen das Treppenhaus.“

https://www.francke-halle.de/de/druckerei/
Haus 52 (Druckerei heute Archiv / Bibliothek) der Franckeschen Stiftungen Halle

Montage eines Maschinenraumlosen Aufzugs für 1150 kg (15 Personen) im Zuge von Sanierungsmaßnahmen

Damit alle Etagen auch von mobilitätseingeschränkten Personen genutzt werden können und niemand mehr schwere Lasten die Treppen hochhieven muss, haben wir in enger Absprache einen Aufzug für bis zu 1150 Kg (15 Personen) in den (historischen) Bestand integriert. Besonders in Hinblick auf die Archivfunktion im wahrsten Sinne des Wortes eine wahre Erleichterung. Und wer möchte schon wertvolle Gemälde durch ein Treppenhaus tragen?

Haus 32, Große Scheune

Weniger Schrift und mehr Nahrungsmittel wurden in der Großen Scheune (Gebäude 32) gelagert. Aufwändig restauriert wurde hier das alte Fachwerk und insbesondere das historische Pfettendach in Szene gesetzt. 

„Das imposante Dach der großen Scheune ist einzigartig in Größe, Konstruktion und Erhaltungszustand. Erstmals wurde bei einer Sanierung in den Stiftungen die Aufsparrendämmung angewendet.“  

https://www.francke-halle.de/de/kulturdenkmal/

Dadurch, dass die Dämmung zwischen Ziegel und hinter den Sparren verschwindet, kann die historische Dachstruktur wie bei einer Scheune zur Geltung kommen.

Haus 32 Große Scheue der Franckeschen Stiftungen : maschinenraumloser Aufzug 630 kg (8 Personen) im Glasschacht im neuen Treppenhaus im Gebäude
Haus 32 Große Scheue : maschinenraumloser Aufzug 630 kg (8 Personen) im Glasschacht im neuen Treppenhaus im Gebäude

„Die Große Scheune zählt in ihrer Bausubstanz zu den am besten erhaltenen Gebäuden des 18. Jahrhunderts auf dem Gelände der Franckeschen Stiftungen. Im Zuge der Sanierung wurde schadhaftes Holz präzise abgeschält, historisches Holz der Zeit vorgesetzt und alles miteinander verleimt. Architekten und Bauausführende haben mit diesem hohen Betreuungsaufand die historische Bausubstanz in einzigartiger Weise erhalten.“   

https://www.francke-halle.de/de/kulturdenkmal/

Auch die neue Aufzugsanlage sollte diesem Kulturdenkmal gerecht werden und freie Sicht auf die Geschichte des mehrgeschossigen Fachwerkbaus ermöglichen. Unser maschinenraumloser Aufzug für 630 kg (8 Personen) im Glasschacht des neuen Treppenhauses ermöglicht genau das: Ästhetik unter denkmalpflegerischen Aspekten. Die historischen Holzbalken kommen durch die Konstruktion des Schachtgerüsts und die transparente Glasumwehrung zu Geltung und strahlen eine einladende Wärme aus.

Damals diente die Scheune der Lagerung der Ernteerträge zur Selbstversorgung der Stiftung. Zukünftig sollen hier Projekt- und Veranstaltungsräume entstehen, die für kulturelle Zwecke, u.a. für universitäre und schulische Bildungsbetrieb, geeignet sind. Im Erdgeschoss wird ein Treffpunkt für junge Leute, aber auch für Familien entstehen. Unsere Aufzüge ermöglichen auf diese Weise die Reise vom 18. Jahrhundert bis ins digitale Zeitalter.

In einer schnelllebigen Zeit sind Gebäude Zeitzeugen, die bewahren und die es selbst zu bewahren gilt.